DA SCHNOIT’S! AUF DEN SPUREN EINES ALTEN BRAUCHTUMS

Wenn die Goaslschnoizer loslegen, kann es ganz schön krachen. Auf der Rübezahl-Alm in Ellmau wird dieses alte Brauchtum beim jährlichen Goasl-schnoizer-Fest aufgeweckt. Heuer ist es am Sonntag, den 14. August wieder soweit. Auf den Spuren eines alten Brauchtums.

Schon seit Jahrhunderten zählt das Goasl-schnoizn in Österreich, Bayern und Süd-tirol zum alten Brauchtum. Mit einer langen Peitsche, im Dialekt „Goasl", wird dabei durch schnelle Bewegungen über dem Kopf ein lauter Knall erzeugt. Doch was leicht ausschaut, hat es ganz schön in sich, denn zum Schnoizn, oder „Schnöllen“ - wie Rübezahl-Alm-Wirt Peter, der als traditionsbewusster Ötztaler selbst leidenschaftlich die Goasl schwingt, sagt - braucht man ganz schön viel Ausdauer, Kraft und vor allem Koordinationstalent. Damit es so richtig laut knallt, muss die Goasl in einem schönen, liegenden Achter über dem Kopf geschwungen und dann ruckartig zurückgezogen werden. Dabei kommt es vor allem auf eine ordentliche Beschleunigung an: Der Knall kommt nämlich nur, wenn genügend Geschwindigkeit erreicht wird - genau wie bei einem Überschall-Flugzeug. Beherrscht man diese Grundbewegung, kann man sich an bestimmten Schlagfolgen und -arten, wie beispielsweise Vorhandschlag, Rückhandschlag oder Doppelschlag versuchen. Bis man jedoch soweit ist, heißt es üben, üben, üben.

ALTES HANDWERK

Die Goasl besteht aus einem kurzen Stiel, der oftmals aus Eschenholz gefertigt wird, und einem langen, geflochtenen und mit Fett eingelassenen Strick. Der wichtigste Bestandteil der Goasl ist jedoch ganz klein: Am Ende des Stricks befindet sich nämlich ein kurzes Baststück oder eine Perlon-schnur, mit denen eigentlich erst der Ton erzeugt werden kann. 

SIGNALWIRKUNG

Die Ursprünge dieses Brauchtums sind vielfältig. Im bayrischen Raum wurde das Goaslschnoizn vor allem als Warnsignal, wenn beispielsweise Fuhren in eine Ortschaft kamen, gebraucht. Dabei brachten es einige Fuhrleute zu beeindruckender Perfektion und Kunst. Sie entwickelten in-dividuelle Schlagabfolgen, anhand derer sie von den Dorfbewohnern erkannt werden konnten. 

WEIT ZU HÖREN

Auch in Österreich wurden die Goasln genutzt, um Signale zu geben. So setzten Hirten auf den Almen das Schnoizn ein, um mit den Leuten im Tal zu kommunizieren und zu zeigen, dass es ihnen gut geht oder sie Hilfe und Unterstützung brauchen. Im Ötztal wurde mit dem Schnoizn so-gar grenzübergreifend kommuniziert, wie Peter erklärt: „Wenn es aper wurde, also der Schnee geschmolzen war, haben die Ötztaler die Südtiroler Bauern und Hirten das durch das Schnöllen wissen lassen und umgekehrt ebenso. So wusste man, wenn es wieder möglich war, die Pässe mit Vieh zu überqueren.“ 

SEHNSUCHT NACH DEM FRÜHLING 

Mit dem Aper-Sein hat auch ein weiterer Ursprung des Goaslschnoizns zu tun. Das sogenannte Aperschnalzen ist sozusagen ein lautstarker Frühlingsgruß oder, besser gesagt, Frühlingsruf. Mit dem lauten Knall versucht man nämlich, den Winter auszutreiben und das ersehnte Frühjahr herbeizuholen. Hauptsächlich junge Burschen nahmen sich dieser Aufgabe an und demonstrierten lautstark ihr Können. Mit dem eigentlichen Frühlingsbeginn am 21. März hat dies aber nicht unbedingt zu tun - je nach Region wurde und wird zu ganz unterschiedlichen Zeiten geschnalzt. So kann man es in einigen Gegenden teilweise schon zu Neujahr in die Winterstille hinein knallen hören, andernorts wird zur Fasnacht geschnalzt und mancherorts warten die Schnalzer gar, bis der Frühling seine ersten Boten schickt.

SPORTLICHES BRAUCHTUM 

Mittlerweile konnte sich das Goaslschnoizn als richtiger Sport mit einer eigenen Landesmeisterschaften und sogar einer offiziellen Weltmeisterschaft etablieren. Dabei treten die Goaslschnoizer einzeln oder in Gruppen gegeneinander an und messen ihr Können. Auch die Or-ganisation hinter dem Goaslschnoizn wird immer besser - so gibt es inzwischen sogar Landesverbände, in denen die einzelnen Vereine organisiert sind. In Tirol ist dies der „Tiroler Landesverband der Goasl- und Peitschenschnöller“, der seit dem 20.4.2013 besteht. Über diesen Verband wurde auch ein offizielles Wettkampfreglement für Tirol festgelegt, wodurch die Weiterentwicklung des Goaslschnoizns als Sportart maßgeblich vorangetrieben wurde.

 

AUFPASSEN - SONST SCHNALLT’S 

Diese positive Entwicklung merkt man auch daran, dass sich immer mehr Menschen für das Goaslschnoizn interessieren und den alten Brauch neu beleben. Waren es früher eigentlich nur junge Männer, Fuhrleute oder Hirten, die ihre Goasln knallen ließen, so sind jetzt auch Frauen und Kinder mit Feuereifer und ganz vorne mit dabei. Besonders die Kleinen zeigen beachtliches Talent - wahrscheinlich auch, weil sie im Gegensatz zu den Erwachsenen nicht zu viel nachdenken und sich nicht fürchten. Respekteinflössend ist sie nämlich schon, die Goasl, und gerade als Anfänger schnallt sie einem schnell einmal schmerzhaft um die Ohren, wie der Selbstversuch gezeigt hat. Das weiß auch Paul, der Sohn von Peter und Anita Reindl-Salvenmoser, der dem Papa beim Goaslschnoizn schon fest nacheifert: „Aufpassen ist das wichtigste! Dann tut man sich nicht weh.“ Doch schnell stellt der Fünfjährige klar, dass er selbst beim Goaslschnoizn ganz gewiss keine Probleme hat - immerhin macht  er das „schon ganz lang!“

Sein Können hat er dann beim 5. Goasl-schnoizer-Fest auf der Rübezahl-Alm, im August 2015, auch eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Auch wenn seine Goasl vielleicht nicht am lautesten geschnallt hat, die Herzen der Zuseher hat er im Nu erobert. Richtig knallen lassen haben es aber die Großen, nämlich die Ötztaler Goaslschnöller und die Pinzgauer Maria Alm Schnoitzer. Vor der herrlichen Kaiserkulisse und vielen Besuchern zeigten insgesamt 15 Goaslschnoizer lautstark, wie das mit dem Goaslschnoizn richtig geht. Rübezahl-Alm-Wirtin Anita Reindl-Salvenmoser freut sich über den regen Andrang - immerhin waren 2500 Leute mit dabei: „Wir wollten einfach die Tradition und den alten Brauch des Goasl-schnoizns wieder beleben. Super war, dass sich auch die Ellmauer Schuhplattler extra für unser Fest nach 19 Jahren Pause wieder zusammengetan haben. Hoffentlich haben sie nächstes Jahr auch wieder Lust.“ Angekommen ist das Fest auf jeden Fall auch heuer wieder sehr gut - mittlerweile hat sich sogar schon eine interessierte Frauengruppe gefunden, die mit Feuereifer am Üben ist. Und vielleicht kann man diese ja auch beim heurigen Goaslschnoitzafest unter den Goaslschnoizern finden, wenn man auf der Rübezahl-Alm wieder zum großen Fest lädt und es so richtig "schoin" lasst.

Nun ist es wieder soweit. Das nächste Goaslschnoizertreffen findet am 14. August ab 11 Uhr auf der Rübezahl Alm in Ellmau statt.


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Günther Fankhauser

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